Your Old Droog - Rap für Musikliebhaber

Weil du es bist, verrate ich dir nun einen Geheimtipp: Komm am Donnerstag um 18:55 Uhr zur La Fabrik Bühne. Your Old Droog - dein alter Freund - wird dir die Reime um die Ohren hauen. Noch ist er nicht so bekannt, doch das könnte sich bald ändern. Your Old Droog bringt dir Rap, der fadengerade über herrliche Basslines daherkommt und dennoch Raum für ein Augenzwinkern lässt. Und anders als viele US-Rapper beweist Your Old Droog auch einen ausgezeichneten Rockmusikgeschmack. Ich habe mich mit ihm über seine musikalischen Vorlieben und seine vielbeachtete erste EP unterhalten.

Erzähl mal woher du genau kommst.
Ich bin aus Coney Island, das sich an einem Ende des Stadtteils Brooklyn befindet. Es ist so weit weg, dass die Leute nicht wirklich hierhin kommen. Aussehen tut das Viertel wie jedes andere Viertel. Geboren bin ich in der Ukraine und danach mit meinen Eltern nach Coney Island gezogen. Ukrainisch kann ich nicht und ich war auch noch nie in Europa. Ich bin also voll amerikanisiert. Aber ich will Europa unbedingt erleben. Ich habe gehört, dass die Leute Hip-Hop wirklich lieben!

Lass uns über deinen musikalischen Einfluss sprechen, denn der ist für einen Rapper aussergewöhnlich. Du nimmst auf beiden EPs Bezug zu vielen Rockgruppen und auch zu zwei meiner absoluten Lieblingsbands: Rage Against the Machine und den Beastie Boys.
Yeah, als Jugendlicher war Rage Against the Machine einer meiner Lieblingsbands. Ich habe eines ihrer Konzerte am TV gesehen und die Energie der Band hat mich umgehauen. Ich mag mich noch daran erinnern, wie ich das Cover des Albums Rage Against the Machine mit dem protestierenden und brennenden Mönch im Plattenladen gesehen habe und es unbedingt haben wollte. Aber ich musste mir das Geld zunächst zusammensparen. Die gesellschaftskritischen und sehr politischen Texte habe ich damals noch nicht verstanden, aber mit der Zeit immer mehr kapiert. Aber was mich wirklich anzog, war diese unglaubliche Energie, wann immer sie auftraten. Rock höre ich heute aber kaum noch.

Welchen Einfluss hatten denn die Beastie Boys, die ja auch aus Brooklyn stammen?
Die Beastie Boys waren Pioniere. Sie waren die zukunftsweisende Gruppe. Sie standen für das, was du als Jugendlicher unter Hip-Hop verstehst. Rappen war einfach eine vergnügliche Angelegenheit. Danach wurde es dann eher technisch mit all den Reimarten usw.

Als Besucher des Openair Frauenfeld wirst du einige Rockhinweise zu hören bekommen. Your Old Droog benannte nicht nur einen Songtitel Rage Against the Machine, er spielt auch mit einem der stärksten Zitate anger is a gift von Rage Against the Machines Hymne Freedom indem er es in humour is a gift umwandelt und so seinen Jugendhelden Respekt zollt. Ich schlage vor, du klickst mal auf Your Old Droogs SoundCloud-Seite, wo die beiden EPs Your Old Droog und Kinison zu finden sind und suchst mal nach weiteren Andeutungen. Loosey in the store with Pennies auf seiner ersten EP tönt doch verdächtig wie... na eben! Zur Ergänzung: Indem er das ganze Pass the Mic der Beastie Boys auf Get the Paper (EP Kinison) sampelt, verneigt er sich auch sich vor ihnen.

Wie verändert denn das Internetzeitalter die Rapszene?
Mit dem Internet ist der Zugang zu neuer Musik unendlich. Was vor drei Jahren dope war, erachten die Leute heute schon fast als Old School, einfach weil in der Zwischenzeit so viel gelaufen ist.

Wie gehst du denn mit dem um? Wie möchtest du im Gespräch bleiben?
Hmmm, ich mach einfach das weiter, was ich mag. Das ist das wichtigste. So wurde man auf mich aufmerksam. Ich habe mein Ding durchgezogen. So habe ich mich bei der Veröffentlichung meiner erster EP absichtlich nicht gezeigt, damit die Leute es neutral beurteilen und es als "dope" erachten, egal woher es stammt oder wer der Künstler ist. Deshalb gab es keine Bilder von mir oder zusätzliche Informationen. Es hätte irgendein Typ aus deiner Nachbarschaft sein können.

Im Sommer 2014 tauchte Your Old Droog aus dem Nichts auf als er branchenunüblich seine EP Your Old Droog auf Soundcloud stellte, und dabei auf jegliche weitere Infos und Vermarktung auf den Social Media Kanälen verzichtete. Die Internet Community drehte beinahe durch und immer intensiver wurde spekuliert, ob es wohl Nas sei, der zur Illmatic Höchstform zurückgefunden hatte und als Your Old Droog sein neuestes Werk präsentierte. In den Musikblogs wurde wochenlang darüber debattiert und anhand der Stimme und der Reimtechnik dafür und dagegen argumentiert. Your Old Droog wurde also zu einem richtigen Internetphänomen, allerdings zu einem - von Soundcloud abgesehen - ohne Internetpräsenz.

Wie hast du und deine Crew die ganze Debatte verfolgt?
Die Debatte und die Spekulation um meine Person wurden rasch ein wenig merkwürdig. Meine Freunde, die mich schon lange kennen, wussten natürlich Bescheid und haben dicht gehalten. Für sie waren die Tracks nichts neues, da ich monatelang daran gearbeitet habe und ihnen die Lieder vorgespielt habe. So war es dennoch ein grosser Spass, denn wir konnten in Ruhe mitverfolgen, wie die Leute ein virtuelles Image von mir kreierten und wie viel Interesse sie daran hatten. Das war so eigentlich nicht geplant. Natürlich hatten wir die Idee, es so anzugehen, aber es war vielleicht eher das Fehlen an genauer Planung, die dann zu diesem Aufruhr führte. Spasseshalber haben wir sogar überlegt, ob wir Schauspieler anstellen sollen, die sich als Your Old Droog ausgeben.

Was war dann der Hauptgrund, dich nach einer Weile doch der Öffentlichkeit zu präsentieren?
Yo, ich musste all den Respekt den die Leute für die EP entgegenbrachten, einfordern. Ich habe mich nicht versteckt und habe deshalb dann auch mein allererstes Konzert in der Webster Hall in Manhattan gespielt.

Ich möchte mit dir über andere Dinge sprechen, die in Brooklyn geschehen. Die Gentrifizierung z. B. ist ein Riesenthema und du thematisierst sie auch im Track Gentrify my Hood, in dem du dieser Entwicklung auch Positives abgewinnen kannst.
Yeah, es ist sehr ironisch gemeint. Aber es ist schon so, in Greenpoint (Brooklyn) wo ich meine Musik aufnehme, gibt es an jeder Ecke gute Cafés und da wo ich wohne in Coney Island nur Scheisskaffee in den Lebensmittelläden. Dank Gentrifizierung hätte ich auch bei mir um die Ecke anständigen Kaffee. Aber es gibt natürlich auch die negativen Folgen, so wie das Ansteigen der Mieten. In Coney Island aber geschieht dies nicht. Ich kenne niemanden, der nicht dort aufgewachsen wäre.

Wie bereitest du dich eigentlich unmittelbar vor dem Gig vor? Du warst ja Opening Act für Prhyme auf ihrer US-Tour diesen Winter.
Der Webster Hall Gig letzten Sommer war mein erstes Konzert. Aber ich war überhaupt nicht nervös, weil ich immer vor einigen Leuten gerappt habe. Ich habe in der Mittagspause an der Schule in der Kantine gebattelt, beim Abhängen mit meinen Leuten in anderen Quartieren; ich mach das schon eine Weile und weiss, dass ich gut darin bin. Ich versuche einfach fokussiert zu bleiben. Aber weisst du, live zu performen ist eine Kunst für sich. Nur schon DJ Premier und Royce da 5?9" (von Phryme) zuzusehen, wie sie Abend für Abend das Feuer entfachen, gab mir die Möglichkeit von ihnen zu lernen, um ein besserer Künstler zu werden.

Was hast du denn dabei gelernt?
Die Jungs sind beide grossartig. Royce am Mikrofon ist unglaublich; seine Deutlichkeit, seine Fähigkeit im Takt zu bleiben, die perfekte Bühnenpräsenz und wie sie das Set aufbauen. DJ Premiere ist eigentlich ein wahrer MC (Master of Ceremony), denn er schafft es das Publikum zu lesen und zu lenken.

Wer produziert eigentlich deine Beats?
Es begann alles mit meinem Freund El RTNC. Er ist voll dope. Er kommt aus Washington Heights (nördlich von Harlem). Als ich seine Beats hörte, wusste ich, dass die etwas Besonderes sind. Auch DJ Skizz war von Beginn an involviert. Die Beats erinnerten mich einfach an meine Nachbarschaft.

Sind die Beiden mit von der Partie in Frauenfeld?
DJ Skizz wird mich als DJ begleiten. Es wird also einen MC und einen DJ haben.

Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass es am Openair Frauenfeld ein ziemlich cooler Backstage Bereich hat, mit Jacuzzi und Bar.
Mann, vielleicht werde ich den Ort nicht mehr verlassen. Ich werde Europa gentrifizieren!

Hast du schon mal Europäischen Hip-Hop gehört?
Nein, nicht wirklich. Ein paar Leute haben mir mal etwas vorgespielt, aber ich kann nicht behaupten, dass ich etwas kenne. Ich weiss, dass es eine grosse Hip-Hop Szene in Polen und auch in Russland hat. Ich bin mir sicher, es gibt ausgezeichneten Hip-Hop dort drüben.

Noch eine Frage: Was kann das Publikum am Openair Frauenfeld von deinem Gig erwarten?
Grossartige Reime, grossartige Beats, in wenigen Worten, einfach erstklassige Musik!

[jam] Jamil Mokhtar